
Kompostieren wir wieder!
Kompostieren im Quartier bedeutet kleine geschlossene Kreisläufe erlebbar machen, ist Kit für das soziale Gefüge und ganz nebenbei schaffen wir eigene fruchtbare Erde für unsere Gemüsebeete.
Magst du dich an die Kompostanlage auf dem Kanzleiareal erinnern? Dorthin pilgerte anfangs 1990er Jahre auch ich von weit her mit meinem Kompost-Chübeli... Kein Wunder waren die Verantwortlichen überfordert mit der riesigen Menge Grüngut.
Die Lösung: Dezentrale Kompostanlagen und städtische Kompostberatung. Pionierarbeit leisteten in der benachbarten Baugenossenschaft Freiblick Margrit Schmill und Erich Suter. Gegen viel Widerstand konnten sie bereits 1984 eine Kompostanlage eröffnen. Diese Kompostgruppe gibt es immer noch!
In der BGO wurde Mitte der 90er Jahre mit Kompostieren begonnen. Bei meinen Recherchen bin ich auf ein Föteli gestossen mit Datum 08.04.99. Es zeigt Jörg Halter, mich und Dani Meyer mit Sohn Noah mit dem vom Freiblick ausgeliehenen grossen Sieb bei der Kompostanlage im Hof hinter der Verwaltung.Es gab auch im Scheuchzer- und im Röslihof und an der Scheuchzerstrasse 126 engagierte Genossenschafter:innen, die einen Kompost betreuten.
2013 wurden unsere Kompostanlagen zugunsten der auf freiwilliger Basis neu eingeführten städtischen Grüngutsammlung aufgehoben. 2023 wird die korrekte Grüngutverwertung obligatorisch. Hausbesitzer:innen wählen nun entweder ein Grüntonnen-Abo oder betreiben auf dem eigenen Grundstück einen Kompost. Die NZZ titelt: "Achtung, die Kompostkontrolleure kommen!"
Ein Spaziergang durchs Quartier zeigt: Es wird fast ausschliesslich das städtische Abo gewählt, auch dort, wo Umschwung vorhanden ist. Die Grüntonnen prägen den Strassenraum. Sie werden bei uns jeden Dienstag geleert. Uns Genossenschafter:innen stehen in der BGO zehn 240 Liter- und zwei 770 Liter-Biocontainer zur Verfügung. Ich habe in alle kurz vor der Leerung hineingeschaut. Sie waren höchstens nur bis zur Hälfte gefüllt. Fremdstoffe entdeckte ich fast keine, dafür viel noch Essbares. Die BGO lässt ihre Container regelmässig reinigen von einer Crew mit einem Speziallastwagen. Entleerung und Reinigung der Grüntonnen kosten ca. 5570 Franken im Jahr.
Ob wir hiermit wirklich auf dem «Netto-Null-2040-Pfad» sind? Ich bezweifle es. Auf den ersten Blick ist dieses Biotonnenkonzept bestechend. Günstig, sauber und im Vergärwerk entsteht erst noch Biogas. Auf den Firmenseiten dieses Dienstleistungszweiges ist denn auch viel von Nachhaltigkeit die Rede. Die (allzu) vielen Lastwagenfahrten aber bleiben. Mich erschüttert zudem, wie viel Essbares in der Tonne landet. Bin ich doch noch aufgewachsen mit dem Spruch: Kein Brot ist hart...
Führen wir in der BGO wieder Kompostanlagen ein! Es gibt gute (kreislauf-)wirtschaftliche, ökologische und soziale Gründe hierfür. Vor fünfzehn Jahren wussten wir nicht wohin mit unserer Komposterde und düngten zuweilen einen Holunder. Heute ist das zum Glück ganz anders, es wird gegärtnert! Tragen wir alle bei zu einer lebendigen, biodiversen BGO, Hand in Hand mit dem Gartenteam, das unseren Aussenraum so wunderbar naturnah und liebevoll pflegt und gestaltet.
Die Familienheimgenossenschaft (FGZ) wurde noch vor der BGO von der Stiftung Natur und Wirtschaft zertifiziert. Sie betreibt erfolgreich dreizehn Kompostanlagen. Machen wir mal eine Exkursion hinüber zum Friesenberg und lassen uns deren Vorgehen erklären. Und schauen wir uns die beiden Anlagen im Freiblick an oder jene beim Schulhaus Turner. Wer kommt mit?
Dieser Text wurde für das BGO-Aktuell Nr. 89 verfasst und im März 2025 veröffentlicht.